Geschichte der Pfarrgemeinde
Anfänge im Mittelalter
Der Ort Crostwitz wird erstmals im Mai 1225 erwähnt, als ein „Henricus de Crostiz“ in einer Reihe von Zeugen anlässlich der Beurkundung der Ausstattung der Kamenzer Pfarrkirche genannt wird. Die Kirche selbst findet ihre erste Erwähnung im Frühjahr 1248, als der Crostwitzer Pleban (Leutpriester) Przybiszlav durch Bernhard von Kamenz eine Jahresrente von 6 Mark erhält und dafür auf die Einkünfte der Pfarre zugunsten des Klosters St. Marienstern verzichtet. Als die Herren von Kamenz im Oktober desselben Jahres schließlich die Gründungsurkunde für das Kloster ausstellen, wird die „parrochia Crostitz“ mit allen Einkünften dem Kloster zugeeignet.
Ort und Kirche Crostwitz sind jedoch älter als diese urkundlichen Erwähnungen in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts vermuten lassen. Darauf weisen mehrere Indizien: zunächst ordnen die Urkunden im Zusammenhang der Klostergründung von Marienstern ältere Verhältnisse. Sodann wird auch deutlich, dass die Herren von Kamenz offensichtlich die Besetzungsrechte an der Pfarrei Crostwitz innehatten. Ein drittes Indiz ist das seltene Patrozinium der Kirche (Hl. Apostel Simon und Juda), das in Sachsen einzigartig ist.
Somit könnte sich folgendes Bild ergeben: Ende des 10. und zu Beginn des 11. Jahrhunderts wurde im Zuge der Einbeziehung der Lausitz in das Deutsche Reich eine zunächst grobmaschige und auf das kirchlich unerschlossene slawische Altsiedelgebiet beschränkte Kirchenstruktur geschaffen, die östlich von Bautzen in der Urpfarrei Göda ihren Mittelpunkt hatte. Als das Gebiet in der Folgezeit weiter aufgesiedelt wurde und auch kleinere slawische Siedlungskammern kirchlich erschlossen wurden, gründete man auch die Kirche in Crostwitz, möglicherweise Ende des 11. Jahrhunderts, worauf das schon erwähnte Patrozinium hindeuten kann: Bischof Benno von Meißen (Bischof von 1066 bis 1106) kam aus dem Stift St. Simon und Juda in Goslar und hatte daher eine persönliche Beziehung zu diesen Heiligen. Als im Juli 1051 die Goslaer Stiftskirche St. Simon und Juda, die damals größte Basilika östlich des Rheins (deshalb auch „Goslaer Dom“ genannt) geweiht wurde, war Benno zugegen.
Um 1200 machten sich die Herren von Vesta, sie stammten aus der Gegend von Weißenfels, darum verdient, das Gebiet zwischen Crostwitz und Kamenz aufzusiedeln und strukturell zu ordnen. Aus dieser Zeit werden auch ihre Rechte an der Crostwitzer Pfarre herrühren, die sie – wie erwähnt – 1248 ihrem neugestifteten Hauskloster St. Marienstern abtraten. Möglicherweise saßen diese Herren zunächst gar in Crostwitz und zogen später an den Rand ihres Besitzes, nach Kamenz, wonach sie sich später auch nannten.
Bauliche Zeugnisse aus dieser frühen Zeit der Crostwitzer Kirche haben wir keine, Grabungen und Bauuntersuchungen haben bisher keine stattgefunden. Jedoch können die 2004 beim Abbruch eines Gebäudes am Rand des Friedhofs in den Fundamenten gefundenen archaischen Grabsteine die Theorie bestätigen, dass bereits um 1100 Crostwitz einen Friedhof gehabt hatte und demzufolge auch eine Kirche. Die vier Grabplatten, nur teilweise und grob behauen, tragen christliche Symbole (Kreuz, Kreis) und könnten in das späte 11. und frühe 12. Jahrhundert gehören.
Die Pfarrei Crostwitz gehörte zur Sedes (Erzpriesterstuhl) Kamenz, diese wiederum zum Archidiakonat Oberlausitz. Von der mittelalterlichen Kirche ist wenig bekannt. Das Unterteil des heute noch stehenden Turmes scheint noch aus dieser Zeit zu stammen. Ende des 15. Jahrhunderts stiftete die Mariensterner Äbtissin einen Marienaltar. Seit dem Ende der 1430er Jahre gehörte auch das Gebiet um das Dorf Ralbitz zum Kirchspiel Crostwitz, vorher pfarrte es nach Wittichenau.
Gefährdungen in der Zeit der Reformation und des Dreißigjährigen Krieges
Veränderungen für das Randgebiet der Oberlausitz brachte die Zeit der Reformation. Doch bis auf die Städte griffen die reformatorischen Ereignisse erst allmählich. 1559 wurde Göda durch einen Gebietstausch dem Kurfürstentum angegliedert und evangelisch. Einige nach Göda pfarrende Dörfer blieben katholisch oder behaupteten es zumindest, um keine Abgaben mehr nach Göda entrichten zu müssen. Die Gödaer Tochterkirche Neschwitz, nordöstlich von Crostwitz, löste ihr Verhältnis zur Mutterkirche. Der letzte katholische Pfarrer von Göda, Johannes Themler, dem in der Visitation von 1559 bescheinigt wurde dass „das gantze Kirchenspiel (ausgenommen die von Adell) mit … [ihm] woll zu friden, … [ihn] auch gerne haben“ würden, musste weichen – ein Beispiel dafür, dass es in der Reformation nicht allein darum ging, geistliche Missstände abzustellen. Themler kam nach Crostwitz, das unter der Klosterherrschaft Marienstern katholisch geblieben war. Der letzte katholische Pfarrer Gödas brachte auch die kleine Madonnenfigur mit, die vorher in der Kapelle des Uhyster Taucherwaldes gestanden hatte und nach deren Abbruch nach Göda gekommen war. Heute finden wir die kleine Plastik im Hauptaltar Rosenthaler Wallfahrtskirche.
Der Bestand des katholischen Glaubens in unserer Gegend wurde wesentlich durch das kirchenpolitisch glückliche Agieren des Bautzener Dekans Johann Leisentritt am Ende des 16. Jahrhunderts gesichert. Der Erhalt des Glaubens in einer heute kleinen sorbischen Sprachinsel ist auch ein Beweis dafür, dass er in der Bevölkerung einen großen Rückhalt gehabt hat und bis heute hat. Crostwitz blieb katholisch und sorbisch. Diese beiden Faktoren – eine nationale und eine konfessionelle – wirken bis heute nach und stützen sich gegenseitig. Dies ist der sorbischen katholischen Bevölkerung durchaus bewusst und drückt sich auch in dem reichhaltigen kirchlichen Leben aus.
Während der Zeit des Dreißigjährigen Krieges hatten auch die Dörfer um Crostwitz zu leiden, insbesondere als die Schweden 1639 durchzogen. Sie plünderten und brandschatzten das Kloster Marienstern – die Zisterzienserinnen waren geflohen – und malträtierten den Crostwitzer Pfarrer Jakob Lebsa. Sie folterten ihn, verunstalteten sein Gesicht und hängten ihn in der Pfarrstube auf. Wie durch ein Wunder überlebte er die Misshandlungen.
Aufbrüche im Barock
Es dauerte etliche Jahre, ja Jahrzehnte, bis sich nach den Verheerungen des Dreißigjährigen Krieges unsere Dörfer wieder erholten. Hunger- und Pestjahre taten ihr Übriges. Als die Pest 1680/81 erneut wütete, besannen sich die Crostwitzer auf ihre alte, im Spätmittelalter gegründete Sebastiansbruderschaft, erneuerten sie und gaben damit dem geistlichen Leben Impulse. Seit 1681 steht am Aufgang zum Friedhof, gegenüber der Gastwirtschaft, auch eine Sandsteinstatue des heiligen Sebastian, der insbesondere dafür sorgt, dass man sich nicht fürchten muss „vor dem Schrecken der Nacht, noch vor dem Pfeil, der am Tag dahinfliegt; nicht vor der Pest, die im Finstern schleicht; vor der Seuche, die wütet am Mittag“ (Ps 91,5 f). Die Crostwitzer Sebastiansbruderschaft, gegründet Ende des 15. Jahrhunderts, ist nach dem Bautzener Domstift die älteste heute noch bestehende Institution der Oberlausitz.
Folgenreiche Veränderungen brachten die Jahrzehnte, in denen der aus Crostwitz gebürtige Jakob Johann Joseph Wosky von Bärenstamm (1692-1771) als Bautzener Domdekan (seit 1743) und apostolischer Administrator für die Lausitz wirken konnte. 1752 wurde er zum Bischof geweiht. Wosky von Bärenstamm griff ordnend in die jahrhundertealten kirchlichen Strukturen ein und regte etliche Kirchenneubauten an. In Ralbitz ließ er ein dem Kloster gehörendes Gehöft als Pfarrgut erwerben und regte einen Kirchenbau an. 1754 war die Kirche vollendet. Zwei Jahre später wurde Ralbitz von Crostwitz ausgepfarrt, wohin es seit der Mitte des 15. Jahrhunderts kirchlich gewiesen war. Ähnlich geschah die Auspfarrung von Ostro. So erwarb er auch hier ein zum Verkauf stehendes Bauerngehöft und ließ es zum Pfarrhaus umbauen. 1758 wurde für Ostro ein Pfarradministrator eingesetzt und ein Kirchbau geplant. 1772 war der Bau vollendet und Ostro wurde von Crostwitz ausgepfarrt.
Neben diese Neugründungen der Parochien Ralbitz und Ostro, die das Kirchspiel Crostwitz erheblich verkleinerten, wurde in diesen Jahren aber auch das Crostwitzer Gotteshaus selbst grundlegend umgebaut. Unter Einbeziehung des mittelalterlichen Turmes erstand das Kirchenschiff in großzügigen spätbarocken Formen neu. Einen reichlichen Monat vor seinem Tod konnte Bischof Wosky von Bärenstamm Ende Oktober 1771 die Kirche seines Geburtsortes neu weihen. Umfassendere bauliche Veränderungen geschahen erst wieder am Ende des 19. Jahrhunderts, die sich in der Formsprache jedoch an das Vorhandene anlehnen.
Beeindruckende Bestandserhaltung bis heute
Am Ende des 19. Jahrhunderts geschahen die letzten großen Umbauten in der Pfarrei Crostwitz: der Neubau des Pfarrhofes (1881), die Erweiterung der Kirche und der Anbau von Treppentürmen am östlichen Ende des Schiffes (1898/99). Aber auch im benachbarten Räckelwitz entstand eine neue Kirche. Der Besitzer des Räckelwitzer Rittergutes, Graf Franz von Stollberg-Stollberg, ließ 1872 in einem Seitengebäude eine kleine Kapelle einbauen, die seine Tochter Monika 1883 neu aufführen und im Beuroner Stil ausmalen ließ. Mit dieser geschmackvoll gestalteten Kapelle erhielt Crostwitz gewissermaßen eine neue „Tochterkirche“.
Die Kampfhandlungen am Ende des 2. Weltkrieges um Bautzen mit mehrfachem Frontwechsel brachten der Crostwitzer Pfarrei zwar keine unmittelbaren Zerstörungen, jedoch waren die Verwirrungen und das Leid durch Erschießungen, Plünderungen und Misshandlungen beträchtlich. Seit Ende 1940 versah der Breslauer Franziskanerpater Lucius Teichmann in Crostwitz das Pfarramt. Der vorherige Pfarrer Johann Wenke (1882-1972) hatte auf politischen Druck zusammen mit den beiden Kaplänen Spittank und Horjen die Gemeinde verlassen müssen, da die nationalsozialistischen Machthaber die sorbischen Elemente des Gemeindelebens, insbesondere die sorbische Sprache, aussterben lassen und mit dem Verweis der Geistlichen das alte Band von Glauben, Sprache und Nation zerschneiden wollten. Doch konnte Pfarrer Wenke Ende 1945 zurückkehren und bis zu seinem Tod 1965 weiter segensreich in Crostwitz wirken.
Heute gehören weit über 90 Prozent der insgesamt ca. 4.000 Einwohner des sorbischen Hauptortes Crostwitz und der dazugehörigen Dörfer der römisch-katholischen Kirche an. Etwas weniger haben zugleich Sorbisch als Muttersprache. Das kommunale Leben, das Leben und die Veranstaltungen der Dorfgemeinschaft sind eng mit der Kirche verwoben. Anders als in Gegenden, in denen der christliche Glaube heute in einer Diasporasituation ist, begleitet und durchzieht die Kirche das Leben des Dorfes, insbesondere durch den wöchentlichen Messbesuch eines großen Teils der Bevölkerung und die zahlreichen Amtshandlungen wie Taufen, Trauungen und Beerdigungen.
1. bis 1248 Přibyslaw
2. 1336-1355 Filip
3. 1540-1559 Brictius Jentsch, + in Crostwitz
4. 1559-1573 Johann Georg Temler, * um 1500, + 1573 in Crostwitz
5. 1573-1574 Andreas Pötschk, + nach 1587 in Bautzen
6. 1574-1590 Nikolaus Glausch, * in Rosenthal, gab die Pfarrei 1590 auf, + 1595 in Bautzen
7. 1591-1600 Georg Faber, + 1600 in Crostwitz
8. 1600 (bis 16.4.) Nikolaus Briczian, * in Crostwitz, + nach 1603 in Crostwitz
9. 1600-1611 Georg Kokel (Coculus),* 23.4.1562 in Crostwitz, + um 1620 in Bautzen
10. 1611-1618 Urban Sartorius, * um 1560 in Räckelwitz, +1618 in Crostwitz
11. 1618-1622 Johann Georg Kretschmer, * um 1580 in Wittichenau, + 17.2.1622 in Crostwitz
12. 1622-1626 Johann Molitor, * um 1570 in Wittichenau, + 20.11.1635 in Marienstern
13. 1626-1645 Jakob Johann Lebsa, * in Räckelwitz, + 1645 in Crostwitz
14. 1645-1657 Johann Jakob Czunka, * 1607 in Crostwitz, + 8.12.1660 in Bautzen
15. 1657-1659 Georg Gross, administrator, * um 1615 in Cannewitz, + 1671 in Prag
16. 1659-1680 Martinus Sutorinus, * um 1629 in Kuckau, + 19.5.1680 in Crostwitz
17. 1680-1706 Georg Franz Sende, * 10.3.1652 in Wittichenau, + 1.2.1706 in Crostwitz
18. 1706-1719 Johann Josef Nowottnik, * 20.7.1674 in Wittichenau, + 8.2.1719 in Crostwitz
19. 1719-1742 Gregor Josef Just, * 28.2.1671 in Kuckau, + 22.5.1742 in Crostwitz
20. 1743-1763 Andreas Cato, * 6.10.1699 in Wittichenau, + 20.8.1763 in Crostwitz
21. 1763-1769 Matthias Mros, * 15.2.1721 in Neudorf, + 8.3.1769 in Crostwitz
22. 1769-1791 Georg Ziesch, * 2.2.1739 in Rosenthal, + 27.4.1791 in Crostwitz
23. 1791-1794 Matthias Just, * 7.1.1745 in Kuckau, + 5.2.1794 in Crostwitz
24. 1794-1816 Michael Ritscher, * 31.5.1752 in Nucknitz, +23.2.1816 in Crostwitz
25. 1816-1824 Johann Domaschke, * 19.6.1763 in Dubring, + 19.3.1824 in Crostwitz
26. 1824-1834 Michael Haschke, * 13.9.1778 in Wittichenau, + 27.1.1854 in Bautzen
27. 1834-1881 Jakob Barth, * 27.2.1796 in Crostwitz, + 7.9.1881 in Crostwitz
28. 1881-1910 Jakob Werner, * 18.4.1828 in Dubring, + 15.4.1910 in Räckelwitz
29. 1910-1922 Bernhard Hitzke, * 22.10.1867 in Ralbitz, + 3.3.1923 in Räckelwitz
30. 1922-1933 Jakob Schewtschik, * 6.9.1867 in Storcha, + 3.8.1935 in Crostwitz
31. 1933-1940 Johann Wenke, * 5.7.1882 in Rosenthal, * 21.4.1971 in Crostwitz
32. 1940-1945 Pater Dr. Lucius Teichmann OFM aus Schlesien, * 21.1.1905, + 08.03.1996 in Warendorf
33. 1945-1965 Johann Wenke, * 5.7.1882 in Rosenthal, + 21.4.1971 in Crostwitz
34. 1966-1978 Georg Krahl, * 8.12.1926 in Radibor, + 10.11.1994 in Kamenz nach einem Verkehrsunfall, beerdigt in Radibor
35. 1978-1997 Martin Salowski; * 8.6.1932 in Räckelwitz, + 26.04.2010 in Kamenz
36. 1.9.1997-30.08.2015 Clemens Hrjehor, * 7.5.1953 in Räckelwitz, + 09.05.2021 in Bautzen
37. seit 01.09.2015 Měrćin Lukaš Deleńk